SRI LANKA – Alltagsgeschichten

Zurzeit führen wir ein recht beschauliches Leben, manche Traveller würden vermutlich „langweilig“ sagen. Aber uns tut es gut und es gibt auch andere Blogger, die schreiben, man sollte auch mal irgendwo bleiben, um mit den ‚Locals‘ tatsächlich in Kontakt zu kommen… das tun wir grade und erleben dabei kleine Geschichten aus dem Alltag der Menschen um uns herum.

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Wir wohnen immer noch in derselben Wohnung in Unawatuna und erleben so etwas wie eine „Daily Soap“ hier. Mit Thisara, dem Tuktuk-Fahrer hier vor Ort und Gangi (sie kümmert sich um das Nachbarhaus, das von einem Russen gepachtet ist und an russische Feriengäste vermietet wird) sprechen wir täglich und erfahren so die neuesten Neuigkeiten um uns herum. Es gibt hier für die Gebäude/Zimmer unserer Unterkunft drei zuständige „Moglis“, die sich um die Gäste, Abwicklung und Reinigung kümmern. („Mogli“ ist NICHT rassistisch gemeint, eher ein Spitzname, hier sieht halt vieles aus wie im „Dschungel-Buch“ :-)!)
Einer von ihnen mit Namen Tharaka ist leider von Anfang an unangenehm aufgefallen, da er uns nicht nur bei der „Laundry“ bezüglich der Wäschemenge etwas ‚großzügig‘ zuviel Kilo berechnet hat, nein, drei Teile waren hinterher schmutziger als vor der Wäsche und mein Travel-Hemd fehlte gänzlich. Nach mehrmaligem Nachfragen innerhalb von zweieinhalb Wochen haben wir dann endlich alle unsere Wäschestücke zurückbekommen, dachten uns natürlich das etwas mit dem Hemd nicht in Ordnung ist… und tatsächlich (keine wirkliche Überraschung), Tharaka hat versucht das Hemd zu bügeln und dabei leider den Kragen der Synthetik-Faser zerstört, da geschmolzen und löcherig. Dann wurde in einer Nacht etwas von unserer Terrasse gestohlen, von dem nur er wissen konnte, was/wo, da er bei uns sauber gemacht hat… aber das ist reine Spekulation, Beweise gibt es keine. Wir hatten schon diverse „Krisen“-Gespräche mit Upul, dem Chef von der ganzen Anlage hier, allerdings nur mit mittelmäßigem Erfolg. Inzwischen wissen wir auch warum: es heißt, der Chef sei verliebt in seinen Angestellten. Chef’s Mutti – wir nennen sie liebevoll „Mainzel-Omi“, da sie eine Stimme wie die Mainzelmännchen hat – ist überhaupt nicht glücklich mit der Situation, sie war auch schon zweimal bei uns zu Besuch. Was sie genau wollte, wissen wir nicht, sie spricht leider nicht so gut Englisch, versteht ein wenig.

Es gibt ja noch weitere Geschichten zu Tharaka-Mogli: Vor drei Wochen kam er nach einem freien Tag nachmittags betrunken aufs Gelände, ging schnurstracks zu Gangi um ihr seine „Liebe“ zu gestehen, leider mit einem Messer in der Hand. Mainzel-Omi und ein anderer Mogli reden heftig auf ihn ein, Gangi kann das Messer zum Glück wegschlagen und Tharaka flüchtet über Balkon, Mauer, Nachbargrundstück und verschwindet erstmal. Gangi geht zur Polizei und erstattet Anzeige. Alle sind sehr aufgeregt, Mainzel-Omi, Upul und sein Bruder beraten lange und fahren dann zum Tempel – beten.
Aber Tharaka darf weiter arbeiten, allerdings sprechen er und Gangi nicht mehr miteinander und sie geht ihm so weit wie möglich aus dem Weg.
Wir haben in der Zwischenzeit von Upul die Hälfte des Geldes für das zerstörte Hemd erstattet bekommen. Auch einer Reduzierung der Miete für die weiteren Wochen unseres Aufenthaltes hat er zugestimmt. Und neulich hat er uns zum Frühstück „String-Hoppers“ mitgebracht. Okay, zweimal hat er’s vergessen, am dritten Tag hatte Thisara ihn daran erinnert! 😉

Aber die Geschichten um Tharaka gehen noch weiter: Mittlerweile hat er nicht nur eine Nacht in Arrest verbracht (Tuktuk fahren ohne Lizenz und betrunken) sondern vorgestern mit mehreren anderen jungen Männern am Strand (betrunken) Lärm und Stress verbreitet, so dass er erneut eine Nacht in Arrest verbringen musste. Heute erfahren wir von Gangi, in der Zeitung stand, dass die sieben jungen Männer auch eine Frau angegriffen haben, aber zum Glück die Polizei schnell genug dort war.
Noch ist der Fortgang offen, ob Tharaka auch diesmal hier weiter arbeiten darf… Mainzel-Omi ist entschieden dagegen, was ihr Sohn entscheidet, bleibt abzuwarten.
Hauptsache wir kriegen unser tägliches News-Update von Thisara und Gangi!

Und sonst: Es gibt hier eine Schleichkatzen-Art, die ähnlich wie bei uns die Marder, gern des Nachts auf dem Dachboden herumtoben. Die „Uguduwa“ sind größer, schwerer und lauter. In der einen Nacht war es wirklich so, als würden sie mit einem Holzapfel fangen spielen, quasi direkt über unserem Bett. (Es gibt hier tatsächlich eine Frucht die Wood-Apple heißt.)
Und am nächsten Morgen saß so ein Tier hinter Sven auf der Badezimmermauer, recht unerschrocken, und wir wussten, wo der Eingang zu ihrer nächtlichen Spielwiese ist. (Die Tiere sind tagsüber blind, haben wir von Upul erfahren, darum ist es auch so unerschrocken an Sven vorbei spaziert.) Sven hat mit gefüllten Wasserflaschen eine „Verteidigungslinie“ aufgebaut, seit dem ist Ruhe auf dem Dachboden.imageimage
Am Pooja-Samstag Ende August (Vollmond-Fest) waren wir mit Thisara erst im buddhistischen Tempel auf dem Berg und anschließend bei ihm zuhause eingeladen, Abendessen mit seiner Frau und Tochter. Als Gast bedient man sich zuerst und isst auch erstmal alleine. Es bedurfte ‚harter Überzeugungsarbeit‘ damit auch sie selbst dann mit uns gegessen haben. Natürlich wie hier üblich mit den Fingern, wir bekamen Löffel. Es ist für mich hier nach wie vor aufregend, bei den Bekannten privat zu sein, es gibt ein vorderes Zimmer mit Tisch und Stühlen, dahinter ein Raum, der zum Schlafen und Kochen genutzt wird. Ob es ein Bad gibt, weiß ich nicht, bisher konnte ich es vermeiden, bei den Essenseinladungen zur Toilette zu müssen (vorher das Trinken reduzieren).
Thisaras Frau und Tochter sind super, sprechen jedoch kein Englisch, verstehen ein ganz kleines bisschen. Seine Tochter ist neun Jahre alt, total fröhlich und aufgeweckt, wir sollen wiederkommen.

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Ein paar Abende später sind wir mit Thisara am Jungle-Beach (mittwochs ist dort immer Party), der sehr klein und abgelegen unterhalb der „Japanese Peace Pagoda“ liegt. „Party“ ist erstmal übertrieben, aber sind auch schon um 18 Uhr dort, leider ist es wolkig und ohne Sonnenuntergang, und als es dort ab Mitternacht richtig losgeht, sind wir müde und fahren zusmmen mit Thisara heim. An dem Abend erzählt er uns die Geschichte, dass er auf dem Grundstück seiner Schwiegereltern ein Haus für seine Familie gebaut hat. Doch dann kam es zu einem Zwischenfall: Die Mutter seiner Frau ist mit dem Messer auf selbige losgegangen und hat sie (zum Glück) ’nur‘ an der Stirn getroffen und verletzt. Wie es scheint war die Mutter auch betrunken. Der Vater hält zur Mutter, die Situation in dem neuen Haus wird unerträglich zumal der Vater auch noch schikaniert und das Wasser abstellt etc. Das Haus hat Thisara 500.000 Rupies gekostet, sie werden wohl nie darin wohnen. Einen schriftlichen Vertrag darüber, dass er dort bauen durfte, ja sogar sollte, gibt es auch nicht. Alles verloren. Und ein zerrüttetes Familienverhältnis.
Uns schockt die Geschichte sehr, in solchen Momentan kommen Gedanken auf wie: Man müsste „Crout-Funding“ machen (geht aber nicht, es steckt ja keine Geschäftsidee dahinter) oder sonst irgendwie Geld sammeln, um ihm und seiner Familie zu helfen. Aus unserer Sicht braucht es so wenig Euro, um hier helfen zu können. Leider ist im Moment unsere Reisekasse begrenzt, aber nachdenklich macht die „Armut der kleinen Leute“ hier schon. Wir wollen helfen wenn wir zurück sind in Deutschland und wieder ein geregeltes Leben und Einkommen haben. (Vielleicht gründen wir einen Verein und sammeln Spenden für Menschen wie Thisara und seine Familie. Und für Salima und Mervin auf Praslin. Diese jungen Familien brauchen aus unserer Sicht so wenig, das ihnen so viel helfen könnte…)

Bei unserem täglichen Strandgang treffen wir häufig dieselben netten Menschen, Restaurant- und Barangestellte, Tauchlehrer, Bootsfahrer – alle immer freundlich grüßend, ein paar Worte wechselnd. Auch dort gab es Anfang September große Aufregung, das gesamte Gelände rechter Hand bis zum Tempel ist vom Bruder des aktuellen Präsidenten gekauft worden, alle Buden und Geschäfte müssen sofort verschwinden bzw. schließen. Die die sofort abbauen, bekommen eine kleine Entschädigung. Die Frau vom Roti-Stand erzählt uns weinend ihre Geschichte in sehr gebrochenem Englisch. Sven geht dann nochmal mit Thisara zu ihr, wir wollen genau wissen, was mit den Menschen geschieht, die wir auf unserem täglichen Weg treffen. Es stellt sich heraus, dass sie ihren Stand dort ohne Genehmigung führt. Sie hat beim Tsunami schon einmal alles verloren und hat ihre Familie mit dem wenigen, was der Roti-Stand abwirft, „über Wasser gehalten“. Sie bekommt noch eine dreiwöchige Frist, irgendwann in den nächsten Tagen wird sie hier verschwunden sein.

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Und so bringt jeder Tag eine neue Geschichte.
Gestern hatte Gangi Geburtstag – wir sind morgen Abend bei ihr daheim eingeladen.
Von Samstag auf Sonntag hat Tharaka schon wieder Mist gebaut, Genaues wissen wir noch nicht, aber Gangi wird uns sicherlich noch „aufklären“.
Gestern und vorgestern hat es hier fast nur geregnet, zum Teil in wirklich nicht fassbaren Mengen. Ich habe abends kalte Füße und muss mal Socken anziehen. Ja, ich weiß: Memme 🙂
Ach ja, zum Haare schneiden war ich zwischendurch auch (war nicht ‚Vidal Sassoon‘ aber für nur 300 Rs = ca. 2 EUR):

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Uns bleiben jetzt noch ca. 1 1/2 Wochen hier, dann soll es weitergehen, Richtung Thailand…

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