Cambodia – Siem Reap

Wo soll ich anfangen? Hundert Geschichten oder keine? Und einfach schreiben: fahrt selber hin!!!?

Cambodia!
Wir sind von Luang Prabang nach Siem Reap geflogen und dank Kevin (ebenfalls Gast in Vientiane bei Liane im La Gondola) haben wir einen Traum-Start: Wir werden von Vanna mit dem Tuktuk am Flughafen abgeholt, mit breitem, fröhlichen Lächeln und einen Namensschild von uns empfängt er uns am Ausgang. Dann kommen wir im Hotel „The Botanic Villa“ an und werden begrüßt wie gute Freunde, überall Freude und herzliche Freundlichkeit. Es hat insgesamt sieben Zimmer, die gesamte Anlage ist überwiegend in weiß und grün gehalten und hat als Mittelpunkt den offenen Empfangs- und Essensbereich sowie einen kleinen Swimming Pool. Vor unser Zimmer bekommen wir sofort einen zweiten Stuhl gestellt, so dass wir über den Pool hinweg mit Blick in den Himmel und zum offenen Gemeinschaftsbereich die Tage ausklingen lassen können. Warum ich das erzähle? Nun, wir haben hier unser kleines „Kammerspiel“, da wir von allen irgendwie mit einbezogen werden und schon nach ein paar Tagen „mit zur Familie“ gehören.

Diese besteht aus:
Chhin – Manager: Ein junger Kambodianer, der mit seinen 26 Jahren schon sehr viel erlebt hat, aus ärmsten Verhältnissen kommt und sich selbst die vier Jahre Englisch- und Touristikstudium erarbeitet hat.
Geoff – kommt ursprünglich aus England, ist bzw. war Englischlehrer u.a. auch Ende der achtziger Jahre in Deutschland für sieben Jahre. Mittlerweile ist er pensioniert, lebte lange Jahre in Thailand und hat bei seinen „Visa-Run“-Ausflügen Cambodia kennen und lieben gelernt. Jetzt lebt er dort und ist eine Mischung aus „Senior Consultant“, Concierge und Butler. Und very british, dabei eine Seele von Mensch.
Vanna – Tuktukfahrer (Tuktuk heißt hier „Reumork“) und seit einem Jahr auch dabei, in der Abendschule das Englisch- und Touristikstudium zu absolvieren. Er arbeitet mit seinem Tuktuk als Freelancer für das Hotel, bekommt dafür einen Schlafplatz und Verpflegung, hilft aus in allen Bereichen wenn notwendig. Und ist ein Freund von Chhin.
Dann sind da noch:
Bopha, sie ist als Rezeptionistin dort und kümmert sich tagsüber um alle Gäste-Belange;
Tschan macht die Nachtschicht und sorgt für Sicherheit. Wenn alle Gäste im Bett sind klappt er eine Liege auf mit einem sehr interessanten Mückenschutz: Sieht aus wie die Dinger, die wir zum Schutz gegen Obstfliegen über Schüsseln oder Schalen aufstellen, nur in groß. An ihm kommt keiner vorbei!
Riem und Sevin kümmern sich um Wäsche und Zimmer und helfen mit beim Frühstücksservice.
(Eine Köchin und einen Gärtner gibt es auch, aber mit denen sind wir nicht groß in Kontakt gekommen, weil sie kaum Englisch gesprochen haben.)
Fast vergessen: es gibt auch zwei kleine Katzen, die von der Pagoda nebenan bei Geoff abgegeben wurden: Weil der Kleine so häßlich und ohne Fell war, hat Geoff ihn kurzerhand „Gollum“ getauft. Und seine Schwester ist einfach „Gollum’s Sister“. Die Katzen sind kleiner als bei uns und haben häufig kurze Stummelschwänze, sieht sehr lustig aus.

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Nach unserer Ankunft am späten Nachmittag bietet Geoff uns an, uns mit in die Stadt zu nehmen und mit ihm zusammen ein „Happy Hour“-Bier zu trinken (Angkor Beer gezapft für 50 Cent – das perlt!).
So sind wir denn gleich mitten drin und lernen noch den Besitzer des indischen Restaurant „Dakshin’s“ kennen sowie zum Abendessen eines von Geoff’s Lieblingsrestaurants/Kneipen. Wir kaufen auf dem Weg auch gleich zwei SIM-Karten und den Standplatz eines weiteren Tuktuk-Fahrer seines Vertrauens zeigt er uns ebenfalls. Dann fährt er heim, wir laufen nach unserem Abendessen noch ein wenig durch die Straßen von Siem Reap, zwischen Nachtmärkten und Pub Street an zahllosen Shops und Geschäften vorbei.
Was mir auffällt: Wir sehen überwiegend junge Menschen, die in den Shops und Restaurants arbeiten, die Generation der Zwanzigjährigen, die unglaublich motiviert und fröhlich wirken. An ihnen wird es liegen, für sich selbst und ihr Land ein besseres Leben zu schaffen. Die Geschichte Kambodschas und der gesamten Bevölkerung ist wirklich krass, was Pol Pot mit den Roten Khmer dort an Elend und Tod verbreitet hat, ist unfassbar. Und heutzutage ist die Politik extrem korrupt, zum Teil sind immer noch die selben Leute in hohen Führungspositioen und betreiben einen Ausverkauf nach Vietnam. Die Einnahme-Rechte für Angkor Wat zum Beispiel wurden für 1 Million Dollar pro Jahr an Vietnam verkauft. Die tatsächlichen Einnahmen liegen ca. bei 1,6 Milliarden Dollar. Leider nicht für Kambodscha. Schon jetzt sprechen viele von den nächsten Wahlen in zwei Jahren!! Es gibt eine Opposition, doch der Oppositionsführer lebt im europäischen Ausland, käme er nach Kambodscha, würde er wohl sofort verhaftet.

Gleich am nächsten Tag nach unserer Ankunft geht es auf nach Angkor Wat und Umgebung! Wir starten mit Vanna, der uns mit seinem Tuktuk die ganze Zeit von Tempel zu Tempel begleitet. Wir kaufen ein 3-Tage-Ticket, für den großen Tempel leisten wir uns auch einen extra Führer für ca. 2 Stunden und bekommen einen guten Eindruck und viele Erklärungen. Auch die Einschusslöcher aus den Zeiten der Kämpfe der Roten Khmer sind erhalten geblieben. Natürlich sind die gesamten Tempelanlagen, die sich auch noch bis in den Süden in Richtung Tonle Sap See erstrecken, wunderschön und sehr Ehrfurcht einflössend, aber nach dem wir zwei Tage später auch noch die Tempel der großen Runde angesehen haben, haben wir irgendwann das Gefühl „es wiederholt sich alles irgendwie“. Trotzdem haben wir uns die Finger wund fotografiert und unsere Smartphones in der Hitze zum Glühen gebracht! 🙂 Einen Auszug der Fotos gibt es in einem Extra-Bericht.

Während der Woche fahren wir abends noch mit Chhin zum Markt, ein paar Einkäufe für den Abend, mit ihm und Vanna wollen wir das Abendessen zubereiten. Sven und ich sind von dem Markt sehr „beeindruckt“ ja eher bestürzt. Es ist dreckig und stinkig und es wirkt zum Teil als seien die Stände auf einer Müllhalde. Und dazwischen neben Obst- und Gemüseständen liegt auch das rohe Fleisch zum Verkauf. Für uns wirkt das nochmal „ein Zacken schärfer“ als in Vientiane zum Beispiel. Ich beobachte eine Frau, die sich vor ihrem „Verschlag“ duscht: Sie steht im Sarong mit dem Rücken zum Markt, schäumt sich die Haare ein und spült sich dann mit zwei Eimern Wasser ab. Kambodschanische Eimer-Dusche aus irgendwelchen Wassertrögen, durchaus üblich und eher die Regel als das, was wir unter duschen verstehen. Wir sind bedrückt-ehrfürchtig ob der gesamten Szenerie. Ähnliches werden wir noch häufiger sehen.
Das Abendessen mit Chhin, Vanna und Geoff ist super, Sven steht total auf Grünzeug namens „morning glory“.

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An einem der nächsten Tage fahren wir mit Vanna Richtung Süden/Tonle Sap See. Dort ist sein Heimatdorf, wir sind zum Lunch bei ihm zuhause eingeladen, Mutti kocht für uns. Im Haus wohnen auch seine beiden Schwestern mit ihren Familien, Vanna hat zwei kleine Nichten. Wir gehen mit ihm zum Markt, frühstücken eine Nudelsuppe, gegenüber wird ein Schwein zerlegt, Hunde fressen das was abfällt. Wir erklären uns wieder einmal zu Vegetariern, Fisch ist auch okay, da dieser bis zum Verkauf lebendig ist. Zurück bei Vanna zuhause schauen wir uns den Garten an, den Brunnen aus dem das Wasser zum Waschen, Abwaschen und Kochen geschöpft wird. Eine Toilette gibt es nicht (wohl eine Gemeinschaftstoilette mit den Nachbarn, aber nicht für Besuch), ich gehe für Pipi hinter die Bananenstauden. Während Vanna’s Mama kocht, sitzen wir zwischen Katzen, Hühnern, Hund und Vanna mit seinen Nichten. Das Essen ist lecker, aber wieder einmal sind wir die Gäste, die bedient werden, Frauen und Kinder essen in der Küche auf dem Boden.

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Später sehe ich dann das erste Mal ‚live‘ wie jemand barfüßig eine Palme erklettert, Vanna pflückt frische Trink-Kokosnüsse, die wir für Geoff und uns mit zurücknehmen. 🙂

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Den Ausflug zum Tonle Sap See machen wir ein paar Tage später. Der See ist der größte asiatische Binnensee und ist über den Tonle Sap Fluss mit dem Mekong verbunden. In der Regensaison ist der Mekong so stark und presst seine Wassermassen in den See, dass sich die Strömungsrichtung über mehrere Monate ändert, solange bis das Hochwasser wieder abnimmt. Wir fahren den Fluss entlang und bestaunen das Dorf der Stelzenhäuser und die Menschen, wie sie über dem Wasser leben, mit Polizei, Kirche, Tempel, Schule etc. Kleine Schweineställe gibt es auch auf Stelzen. Das gesamte Leben findet über dem Wasser oder im Boot statt. Wir sind sehr beeindruckt.
Auch die Fahrten über die Landstraßen sind faszinierend: staubig, windig und voller Einblicke rechts und links der Straße, wo die Menschen ihr Leben verbringen. Jeder Blick ist wie eine Momentaufnahme (ähnlich wie in Sri Lanka), wir versuchen diese Szenerien irgendwie durch Foto und Film festzuhalten; gut das es Erinnerungen gibt, die für uns damit verknüpft sind.

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An meinem Geburtstag machen wir ein Sonnenaufgangs-Picknick in Angkor Wat, stehen dafür um 4:30 Uhr auf und sind erstmal erstaunt, wie viele Menschen sich dort versammeln, um den vermeintlich perfekten Sonnenaufgang zu fotografieren. Das mit dem Picknick vorbereiten im Hotel hat nicht ganz funktioniert, wir haben ein paar Bananen mitgenommen und zwei Dosen Bier zum Anstoßen! Statt in der Meute auf die Sonne zu warten, gehen wir in den Tempel und sehen tatsächlich die Sonne über den Horizont steigen. Und werden danach dann doch noch mit dem zweiten „Sonnenaufgang“ über der Kulisse von Angkor Wat belohnt.

Der Rest des Tages ist eher unspektakulär, im Hotel herrscht irgendwie dicke Luft zwischen Geoff und seinen kambodschanischen Freunden: Er versucht ihnen Ideen zum Wohlergehen der Gäste nahe zu bringen und sie reagieren (ein bißchen wie Kinder) darauf, dass sie das doch auch ganz gut allein wissen, schließlich seien sie ja auf der Fachschule etc. Ein klassischer Generationskonflikt! 😉
Dennoch werde ich abends mit einer Geburtstagstorte überrascht: Chhin, Vanna und Bopha klopfen und stehen mit Torte und Besteck vor mir! Ich freue mich wie Bolle und wir machen uns zusammen über die Torte her. Natürlich mit vorher Kerzen ausblasen, viel Lachen und Umarmungen. Sehr schön!!!

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Siem Reap ist ansonsten ein touristisch voll erschlossener Ort, aber auch Mittelpunkt für das alljährlichen „Wasserfest“, das mit den buddhistischen Feiertagen im November zusammen stattfindet. Es sind insgesamt drei Feiertage, an den ersten beiden finden Ruderwettkämpfe statt, auf dem Fluss in der Stadt. Es ist wie ein großer Jahrmarkt zu beiden Seiten des Flusses, die Stadt ist voll und die Menschen ausgelassen. Am späten Abend lassen die Gläubigen Pflanzengestecke mit Kerzen zu Wasser, von Thailand wissen wir, dass dort zum Beispiel auf Koh Tao auch Lichter in die Luft entsendet werden.

Und sonst:
Chhin und Vanna wollen einen Abend mit uns im „Route 60“ verbringen, wir verstehen darunter eine Bar/Kneipe, in der man mit Dartpfeilen auf Luftballons schießt und wenn einer platzt, bekommt man eine Dose Bier/Saft dafür. Wo wir dann tatsächlich hinfahren ist die „Road 60“ (in Kambodscha werden Straßen nummeriert und nur teilweise Straßennamen vergeben), eine Straße etwas außerhalb von Siem Reap und statt einer Kneipe ist dort entlang der Straße Markt und Kirmes. Und der Stand mit den Luftballons, die natürlich nicht ganz prall aufgeblasen sind und die Dartpfeile auch nicht ganz grade, so dass es wirklich mehr Glück ist, wenn man einen Ballon zum Zerplatzen bringt. Aber Vanna und Cchin lieben dieses Spiel, sind schwer entrüstet, dass sie an diesem Abend nicht so viel treffen.

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Im Hotel treffen wir wieder viele andere nette Gäste, da sind Bo und Sunny, junge Amerikaner mit vietnamesischen Wurzeln. Dann sind da noch Beate und Michael aus Süddeutschland, mit denen wir ausgiebig plaudern. Sie kommen Anfang Dezember nochmal wieder, Michael will den Halbmarathon in Siem Reap mitlaufen – und schafft es!!! Glückwunsch und „Hut ab“!!!
Chris, ein Deutscher der in Bangkok lebt/arbeitet und seine Freundin, buchen die „Cooking Class“, die damit ihre Premiere erlebt. Wir sind zu fünft, der Küchen-Chef aus einem der Hotels in Siem Reap zeigt uns drei klassische kambodschanische Gericht: Salat von der Bananen-Blüte, Fisch-Amok und einen Nachtisch aus kleinen, gefüllten Klebreis-Knödeln. Wir schneiden Zitronengras, Ingwer, Knoblauch, Chili, Limetten- und Basilikumblätter, Galgant, frische Kurkumawurzeln, Kerbel und Co. – alles wird solange gehackt, bis es fast eine Paste ist. Wir werden gut angeleitet und das abschließende Essen ist richtig lecker! 🙂

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Am Samstag nach den drei Feiertagen machen wir uns per Mini-Van auf in Richtung Kratie. Der Abschied fällt schwer, wir haben uns sehr wohlgefüllt im „The Botanic Garden“ und lassen wieder neue Freunde und Geschichten zurück.
Hier noch ein Tipp in Sachen Busreise in Cambodia: Die Mini-Vans sind schneller, darum haben wir uns dafür entschieden, aber sie sind etwas teurer als die großen Reisebusse. Für die Strecke von 240 km brauchen wir acht Stunden, der Reisebus hätte über zehn Stunden gebraucht. ABER: Im Van sitzen wir beengt, es ist außer den zahlenden Gästen auch noch die vierköpfige kambodschanische Familie dabei, diverse Kisten und Pakete sowie ca. ein dutzend große grüne Kokosnüsse – Mitbringsel an die Familien nach den drei Feiertagen. Soll heißen: bucht lieber den Reisebus, der braucht zwar länger ist aber tatsächlich komfortabler.

2 Gedanken zu “Cambodia – Siem Reap

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